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Teherans Eigen- und Besonderheiten

6/28/2015

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Erst zum Schluss unserer Reise muten wir uns Teheran zu. Die Stadt ist riesig, die paar Sehenswürdigkeiten sind weit verstreut und allein die Metro ist schon eine Erfahrung für sich. Während immer noch viele Menschen der westlichen Welt großes Unbehagen verspüren, wenn wir beginnen von Teheran zu sprechen, ist unsere einzige Besorgnis, wie wir von A nach B kommen angesichts der horrend teuren Taxipreise, der gesteckt vollen Metro und der großen Distanzen, die wir zurücklegen müssen.

Unser Ausgangspunkt ist der Hauptbahnhof der Stadt. Über Nacht sind wir von Yazd nach Teheran gefahren und haben wegen den unbequemen Sitzen nicht wirklich viel Schlaf abbekommen. Als wir uns dann um die Taxipreise zur nächsten Metro erkundigen, erleiden wir den ersten Schock. Sämtliche Taxifahrer lassen nicht mit sich verhandeln und bestehen auf die horrend teuren Preise. Auch wenn wir in anderen Städten immer mehr bezahlt haben, als Einheimische, waren die Preise immer tragbar. Aber Teheran ist damit nicht zu vergleichen. Die Taxifahrten hier sind wirklich teuer und die Taxifahrer haben hier auch gar kein Interesse daran mit uns zu verhandeln. Angesichts der gut betuchten Mittel- und Oberschicht Teherans sind sie auf uns nicht angewiesen. Wir gehen also mit vollem Gepäck die rund zwei Kilometer zur nächsten Metro zu Fuß. Das Metronetz Teherans ist noch sehr ausbaufähig. Wir sind aber froh, dass es uns zur Verfügung steht. In der Metrostation trennen sich dann unsere Wege. Wir sind ja zu viert unterwegs und bei dem dichten Gedrängel in der Metro bevorzugen wir zwei Frauen auf jeden Fall die Frauenabteile, auch wenn es gemischte Abteile für Frauen und Männer gibt. Als die Tür aufgeht schlüpfen wir hinein und unsere Rucksäcke werden missbilligend kommentiert. Aufgrund des Platzmangels sind solche großen Gepäckstücke nicht erlaubt, aber was sollen wir schon tun, ein Vermögen für die Taxifahrt ausgeben? Ohne den Bewegungsspielraum für einen Schritt nach vorne oder nach hinten zu haben, warten wir sehnsüchtig auf unsere Station.

Die Freude aus der Metro heraus zu sein, hält aber nur so lange an, bis wir bemerken, dass unsere zwei männlichen Mitreisenden nicht mit ausgestiegen sind. Zumindest sind sie nirgends wo zu entdecken. In den ersten paar Stunden in der Großstadt haben wir uns also bereits verloren. Auch in den Massen der nächsten Metro-Züge sind sie nirgendwo zu erkennen. Es vergeht eine verschlagene halbe Stunde, die wir in der Metrostation warten und langsam aber sicher steigt die Nervosität. Dann endlich huscht am anderen Bahnsteig ein Fotorucksack zwischen den Leuten herum, und ich bin mir sicher, dass das Andreas sein musste. Im Sprint geht es also noch einmal durch die ganze U-Bahn-Station, damit wir uns nicht wieder verpassen. Wieder gefunden gibt es Erklärungsbedarf. Wie konnte das passieren? Tatsächlich sind die beiden nicht weiter gefahren, als sie sollten, sondern nicht einmal in die Metro eingestiegen. Zu dem Zeitpunkt, wo wir uns schon in der Metro eingeschlichtet hatten, sind sie zwar vor offenen Türen aber einer Wand aus Menschen gestanden. Das ging ihnen dann bei der nächsten Metro nicht anders. Die Abteile für Männer sind noch einmal viel voller als die für Frauen. Die Traube an Menschen, die in jeder Station aus der Metro fällt, schafft auch keinen Platz. Irgendwann haben sie es dann doch geschafft, dass sie sich irgendwie hineindrängen und mittels ausgestreckter Hand und dem kräftigen Ziehen und Drücken der Iraner im Abteil haben sie es dann auch beide wieder hinausgeschafft aus der Metro. Also die Metro in Teheran ist an gewissen Zeiten definitiv kein Zuckerschlecken - zumindest zu den Stoßzeiten.
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Nach dieser Aufregung geht es dann doch noch gemeinsam zum Hotel. Das Zimmer, das wir hier kriegen, ist auch merklich teurer verglichen mit den anderen Hotels auf unserer Reise. Teheran ist einfach ein teures Pflaster in Relation zu den anderen Städten. Auch für das Essen müssen wir deutlich mehr auf den Tisch legen. Nachdem wir uns vom ersten Schreck von der U-Bahn erholt haben, geht es mit der Metro wieder los, um zum Azadi-Monument zu kommen. Anfang der 70er Jahre wurde diese Monument anlässlich der 2500-Jahrfeier des persischen Kaiserreiches errichtet. Ende der 70er Jahre kurz vor der Revolution wird der Platz rund um den Turm allerdings von der iranischen Bevölkerung dazu benützt, um gegen den Schah und seine Politik zu demonstrieren. Und so ändert sich auch der Name und die Bedeutung des Turms, der heute unter den Namen „Azadi-Turm“, also „Freiheitsturm“, bekannt ist und nicht unter dem ursprünglich vorgesehenen Namen „Shahyad“ („dem Kaiser gewidmet). Von der Metrostation „Azadi“ ist es sicher noch gut einen Kilometer Fußmarsch zum Turm. Das Verkehrsaufkommen ist hier nicht zu unterschätzen und besser wählt man die Zugangstunnel zum Platz als die vielbefahrenen Straßenspuren zu überqueren. Rund 45 Meter ragt das Monument in die Höhe und wirkt auf uns nach wie vor modern. Auf Architektur aus den 70ern hätten wir nicht auf Anhieb getippt. Der Architekt wollte in diesem Wahrzeichen der Stadt sowohl vorislamische, als auch islamische Elemente vereinen. Die zwei integrierten Spitzbögen erinnern an die Bauweise von Moscheen, während die geschwungenen Bögen seitlich an die Archtektur des sassanidischen Reiches angelehnt sind. Auch hier wird auf die Farbe Türkis, die wir als Farbe der Moscheenkuppeln und Iwanen Irans kennen und lieben gelernt haben, nicht verzichtet.
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Touris bewegen sich ja mehrheitlich im südlichen Teil der Stadt, zumindest ist dort der alte Kern mit dem Basar und dem Golestan-Palast zu sehen. Das ist auch bei uns nicht anders. Wir machen also einen Abstecher in die traditionellere Ecke Teherans. Der Golestan-Palast unterscheidet sich mit seinem neobarock anmutenden Stil grundlegend von allem, was wir bis dato im Iran gesehen haben. Am Eingang sind wir wieder einmal von den saftigen Eintrittspreisen enttäuscht. Für jeden Teilpalast der Anlage wird extra Geld kassiert. So viel sind wir auch am Ende unserer Reise nicht bereit auszugeben und wir beschränken uns auf die billigste Variante plus den Eintritt für einen Palast. Das Stativ ist auch hier wieder ein Problem und nach langem hin und her müssen wir es in der Eingangshalle zurücklassen. Dann können wir uns aber auf die aufwendig geschmückten Fassaden der Anlage konzentrieren. Von außen wirken die wenigen Teile, die man vom Palast zu Gesicht bekommt, recht unspektakulär, aber dieser Eindruck wird sofort relativiert, sobald man die Einlage betritt. Die Fassade ist ein einziges großes Puzzle aus allen möglichen Farben und Formen. Dazu kommen die unzähligen Tier- und Landschaftsmotive. Der Marmorthronpalast befindet sich nicht hinter verschlossenen Türen. Nein, der wertvolle Marmorthron aus dem 18. Jahrhundert, auf dem noch 1925 die letzte Krönung stattfand, wird von der Gartenanlage durch keine Mauer getrennt. Die Wände des Empfangspalastes sind dann durchsetzt von lauter Spiegelmosaiken, welche die Räume vollends erstrahlen lassen. Fotografieren ist im Inneren der Paläste allerdings leider nicht erlaubt.
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Gleich neben dem Golestan-Palast befindet sich der Eingang zum großen Basar Teherans und wir kommen gerade recht zur „rush-hour“. Das Gedränge und der Platzmangel erinnern uns wieder an die Metro, aber da müssen wir jetzt durch. Und so schlimm ist es dann auch nicht. Die IranerInnen sind auch recht höflich, so dass es eigentlich nie wirklich unangenehm wird und die Reihen voller Menschen lichten sich streckenweise auch immer wieder. Teherans Basar soll der größte überdachte Basar der Welt sein und wir glauben das gerne. Anstatt gewisse Punkte des Basars anzuzielen, lassen wir uns besser treiben, damit müssen wir uns auch gar nicht erst ärgern, irgendetwas nicht zu finden. Irgendwann finden wir dann im Basar auch wirklich preiswertes und gutes Essen an einer Ecke mit mehreren Imbissstuben. Wir bewegen uns also irgendwo zwischen riesigen Teppichlagern, Elektrogeräten und Damenunterwäsche. Und in beinah jedem Laden wird fleißig um den Preis gefeilscht. Dekorative Abschnitte des Basars wie wir es aus Shiraz und Isfahan kennen, finden wir hier nicht. Souvenireinkäufe sind besser schon in Isfahan zu erledigen, hier tun wir uns schwer etwas Passendes für Verwandte zu finden. Im Basar gibt es diesbezüglich rein gar nichts und auch in der restlichen Stadt ist die Auswahl sehr beschränkt. Der Basar hier ist alles andere als touristisch. Hier erledigen IranerInnen einfach ihre Einkäufe von A bis Z. Letztlich suchen wir dann nach der Gewürzabteilung, denn ohne den iranischen Safran möchten wir nicht nachhause. Hier gibt es die Möglichkeit preiswert qualitativ hochwertigen iranischen Safran zu kaufen, der jedes Jahr in der Gegend um Mashhad geerntet wird. Schließlich entscheiden wir uns für ganze 50 Gramm dieses wertvollen Gewürzes und müssen dafür nicht tief in die Tasche greifen, wenn wir an die Preise der winzigen Safranpackungen von Kotanyi im Supermarkt zuhause denken.
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In Teheran gibt es ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Die reicheren IranerInnen leben im Norden der Stadt, der wesentlich höher liegt und deutlich kühlere Temperaturen bietet, während die ärmeren Bevölkerungsschichten im Süden leben. Kein Wunder also, dass der Basar im Süden der Stadt noch gut besucht ist. Im Norden werden Basars zunehmend von Einkaufszentren abgelöst. Davon können wir uns überzeugen, als wir selbst Richtug Elburz-Gebirge unterwegs sind. Hier im Norden wirkt Teheran gleich viel moderner und die Einkaufszentren vertreiben einen Luxusartikel nach dem anderen – auch Brillen von Gucci dürfen da nicht fehlen. Und zu unserer großen Überraschung stehen wir dann noch vor einem Meinl-Cafe wie wir es aus Wien kennen.
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Am Ende unserer Iranreise verschlägt es uns dann noch einmal in die Gegend rund um die ehemalige amerikanische Botschaft. Im November 1979 wurde die Botschaft gestürmt und das Personal wurde über ein Jahr in Geiselhaft genommen. Auslöser war Amerikas Weigerung den bereits geflohenen Shah Reza Iran auszuliefern. Heute befindet sich in diesem Gebäude die Ausbildungsstätte der iranischen Revolutionsgarde und ist vor allem wegen den Graffitis bekannt, die man von der Straße aus sehen kann.

Während wir damit beschäftigt sind, die USA-feindlichen Graffitis zu fotografieren, können sich vorbeigehende IranerInnen das Schmunzeln nicht verkneifen. Es muss witzig für sie wirken, wenn heute westliche Touris Gefallen daran finden sich vor diesen Graffitis zu fotografieren. Gegen die Politik der USA zu wettern ist das eine, Antisemitismus ist leider das andere. Und leider sind bei den Graffitis auch antisemitische Elemente wie der Davidstern auf der Spitze des Weißen Hauses zu finden. Antisemitismus spielt innerhalb des Iranischen Regimes auf jeden Fall eine Rolle, wie verbreitet er innerhalb der Bevölkerung ist, konnten wir allerdings nicht feststellen. Klar ist, dass die Fronten zwischen Israel und Iran verhärtet sind und Debatten rund um das Atomprogramm Irans tragen keineswegs zur Entschärfung bei. Für uns wird es nach diesem Abend Zeit das Land wieder zu verlassen. Man kann also sagen, dass wir mit den Graffitis erst zum Schluss der Reise die Seite Irans gesehen haben, die so vielen im Westen vorschwebt, wenn sie von diesem Land hören, dass für viele nichts weiter als ein blinder Fleck auf der Landkarte mit einem höchst umstrittenen Atomprogramm ist. Wir trennen jedenfalls zwischen der Politik des Regimes und der ansässigen Bevölkerung und werden das auch auf unseren zukünftigen Reisen tun.
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