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Als Frau in den Iran reisen

11/21/2014

5 Kommentare

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Das wichtigste zuerst – jedwede Bedenken, ob es gefährlich sein könnte als Frau in den Iran zu reisen, sind, man kann es nicht anders sagen, absolut lächerlich. Und doch tauchen solche Bedenken nur zu oft auf.


Grund ist ein völlig verfälschtes Bild von diesem Land. Und ich will uns da nicht ausnehmen, auch wir hatten so das eine oder andere Vorurteil im Kopf, was den islamischen Staat betrifft. Ja, die gesetzliche Lage für Frauen ist haarsträubend. Und vielleicht ist es auch das, was gleich zu Beginn so abschreckt. Eine Frau ist vor Gericht eben nur halb so viel Wert wie ein Mann und das ganz offiziell. Das demnach die Frau bei einer Scheidung leer ausgeht, ist wohl nicht mehr zu erwähnen. Und doch darf man eines nie vergessen. Das Regime hat mit der offenen Gesellschaft Irans nichts zu tun. Die Gesetzeslage das herabgesetzte Heiratsalter auf 9! Jahre bei Frauen mit eingeschlossen, gäbe alle Möglichkeiten. Aber in der Realität ist das durchschnittliche Heiratsalter der Iranerinnen dem unsrigen ähnlich und oft werden Heiratsverträge geschlossen um die Frau dem Mann im Falle einer Scheidung komplett gleich zu berechtigen. Und das ist der Unterschied – die IranerInnen selbst machen diesen Unterschied. Das Regime und seine Vorstellungen spielen nicht so eine große Rolle, wie man vielleicht glauben mag.
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Wenn nun allein reisende Frauen in den Iran kommen, gibt es keinen Anlass dazu den Blick zu senken, mit Männern nicht zu sprechen oder sexuelle Belästigungen zu fürchten. Ich habe mich keinen einzigen Moment als Frau im Iran eingeschränkt gefühlt. Ich habe mich nicht anders verhalten müssen als zuhause in Europa. Die Leute sind herzlich und ehrlich interessiert an dir, ob du nun ein Mann oder eine Frau bist. Nie hätte ich das Gefühl gehabt, dass ich jetzt als Frau auch nur einen Fingerbreit weniger zählen würde als der Mann neben mir. Und wenn du zufällig eine höhere Ausbildung hast als der Mann neben dir, kann das sogar ruckzuck ins Gegenteil umschlagen. In einem Land, in dem Bildung einen so hohen Stellenwert hat, ist dir dann so und so jeder Respekt sicher. Es gibt keinen Grund als Frau im Iran nicht auch nachts auf den Straßen zu sein. Natürlich ist Vorsicht angebracht, wie überall anders sonst auch. Die Wahrscheinlichkeit, dass dir in Iran was passiert, ist auch nicht größer und vielleicht sogar kleiner, als dass dir in Wien nachts etwas zustößt (den horrenden Verkehr ausgenommen).
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All das soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Frauen im Iran natürlich unterdrückt werden. Dagegen führen Frauen und auch Männer einen noch lang währenden Kampf. Aber by the way von Gleichberechtigung kann man in Europa auch nicht sprechen. Ich habe oft den Eindruck, dass einige Menschen die Emanzipation der Frau an einem Fetzen Stoff festmachen und um so winziger der wird, desto emanzipierter soll die Frau dann sein. Ein Tschador oder ein Kopftuch sagen aber rein gar nichts über die Emanzipation aus.


Iranerinnen waren immer an vorderster Front dabei. Sie sind gebildet, politisch und alles andere als still! Wer mehr über die Stellung der Frau in der iranischen Gesellschaft lesen möchte und ihren feministischen Kampf lesen möchte, dem/der kann ich beispielsweise Artikel „Frauen und Frauenbewegung im Iran. Zwischen Regierung, Religion und Tradition“ von Katajun Amirpur empfehlen – nachzulesen unter:
http://www.bpb.de/internationales/asien/iran/40152/frauen

Jetzt aber zurück zu uns Frauen als Reisende im Iran. Gerade in punkto Kleidung gibt es natürlich ein paar Sachen zu beachten.

Do’s and Dont’s
  • In Isfahan soll es bald eine geben, bis dato kann man nur in Teheran mit der Metro fahren und es gilt der Rat: Geht in die Abteile nur für Frauen, auch wenn ihr mit männlicher Begleitung unterwegs seid! Diese Abteile sind immer ganz vorne und ganz hinten vom ganzen Zug zu finden und werden auch mit Trennlinien an den Bahnsteigen markiert. Gleich anschließend an die Frauenwaggons gibt es die  gemischten Waggons, aber wer nicht ständig berührt werden will von den Iranern, der sollte darauf verzichten. So gesteckt voll wie die Metro ist, kann man den Männern nicht einmal einen Vorwurf machen, wen sie einen berühren, es ist gar nicht anders möglich. Aussteigen ist so und so Horror, egal in welchem Waggon man sich befindet und man darf nicht glauben, dass man im Frauenabteil weniger berührt oder angefasst werden würde, aber es ist immer noch angenehmer mit Frauen so hauteng in Kontakt zu stehen als mit Männern.

  • Auch bei Bussen gibt es getrennte Bereiche für Frauen und Männer, aber die kann man eigentlich ignorieren, gerade wenn man mit einem männlichen Reisepartner unterwegs ist. Als Frau alleine ist es vermutlich naheliegender sich neben eine Frau zu setzen. Wirklich ins Gewicht fallen diese getrennten Bereiche nicht und in dem Zug, mit dem wir gefahren sind, waren sie gar nicht vorhanden.
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  • Kleidungsvorschriften gibt es im Iran und die gilt es auch zu beachten. Das heißt ein Kopftuch muss her und bis auf Hals und Unterarme darf wirklich nicht mehr Haut gezeigt werden. Generell lassen sich auch die Kleidervorschriften etwas locker handhaben. Gerade bei sommerlichen Temperaturen ist das auch ganz praktisch. So ist es zum Beispiel als Tourist gar kein Problem die Unterarme frei zu lassen. Das was ich auf dem Bild rechts an habe, ist völlig ausreichend. Den Umhang habe ich auch erst im Iran gekauft. Die gibt es so um die 4 Euro überall zu kaufen und die sind wirklich angenehm und lang genug. Wie ihr seht, kann auch das Kopftuch durchaus locker getragen werden, wir haben sogar eine Iranerinnen mit einem ganz durchsichtigen Kopftuch gesehen – auch eine Art des Protests. ;) Nur in heiligen Stätten wie Qom sollte man dann genauer auf die Kleidungsvorschriften achten, alleine schon, damit man sich selber wohler fühlt. Denn dort sind auch die IranerInnen konservativer gekleidet. Tschadors gibt es immer vor den Moscheen zum Ausborgen, da muss man sich also auch keine Gedanken machen.

Auch in den Innenbereichen des Hotels sollte man im Normalfall meiden ohne Kopftuch herumzurennen. Oft sind auch arabische Gäste in den Hotels, die sich daran besonders stören und wir haben auch erlebt, dass junge Iraner (selbst Gäste des Hotels und eher den „Hello-Boys“ zuzuordnen) nur darauf warteten ausländische Frauen ohne Kopftuch zu sehen. Ich weiß zwar nicht, was es bringt, aber begann eine große Fotosession, als eine Asiatin naiver Weise dann im Foyer ohne Kopftuch herum rannte. In Bezug auf die Kleidung ist noch zu sagen, dass du als Touristin so und so nicht den gleichen Gesetzen unterliegst wie Iranerinnen. Du musst dich nicht übertrieben konservativ kleiden, allerdings gibt es Grenzen, die schon aus Respekt gegenüber den Iranerinnen zu achten sind. Man muss diesen Frauen nicht unbedingt noch vor die Nase halten, dass man als Europäerin auch noch in ihrem Land freier ist als sie. Iranerinnen werden nämlich auch schon einmal für kurze Zeit festgenommen, wenn sie an die SittenwächterInnen geraten und da genügt ein lockeres Kopftuch und freie Unterarme. Darum habe ich das einfach nur unangebracht gefunden, als ich eine Spanierin um die 50 mit nackten! Unterschenkel mit Rock gesehen habe.
  • Lasst euch gleich von Iranerinnen zeigen, wie das mit den Tschadors geht, ihr werdet sonst ziemlich wahrscheinlich kläglich scheitern. Bei mir hatte es den Effekt, dass ich vor lauter Unbeholfenheit mit diesem Stück Stoff  dann auch noch ohne Kopftuch da stand. Erschrocken darüber war dann eh nur ich, die IranerInnen waren eher amüsiert. Wenn dann einmal alles sitzt, dann kommt die nächste Schwierigkeit: Denn mit Tschador lässt es sich schwer fotografieren, wenn doch eigentlich die Hände mit dem Halten des Stoffes beschäftigt sein sollten. Die Tschadors zum Ausleihen sind übrigens nicht nur für Touristinnen da, auch die Iranerin hat ihren Tschador nicht immer im Gepäck. Das rechts am Bild bin ich mit einem dieser Ausleih-Tschadors.
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  • Rauchen wird immer noch nicht so gern gesehen bei Frauen. Aber es ist auch nicht wirklich ein Problem und wen wer in der Runde Zigaretten anbietet, dann werden die Frauen nicht ausgelassen. Zumindest war es so bei uns Touristinnen.
  • Es gibt sie beinahe überall, die „ Hello-Boys “, die dir als Frau schon von der Weite zurufen, dich anstarren und herumnerven. Mit diesen Halbstarken wirst du im Iran sicher konfrontiert werden, die lassen sich aber getrost ignorieren. Das Problem ist nicht nur das Alter und die Dummheit dieser Burschen, sondern auch ihre Sozialisation durch sexistischen Schund wie „Amercian Pie“ und dergleichen. Dass mitunter dadurch ein total verfälschtes Bild von einer westlichen Frau entsteht, braucht eigentlich nicht zu wundern.
  • Generell gilt: Auf keinen Fall schnäuzen am Tisch und auch bei dem „ Daumen hoch “ Zeichen ist Vorsicht geboten. Das heißt nämlich im Iran so etwas wie Arschloch und auch wenn die meisten IranerInnen wissen, dass es bei uns eine andere Bedeutung hat, kann das immer noch ganz schön daneben gehen.
  • Berührungen mit iranischen Männern sollte man meiden, das kann falsch verstanden werden und wird auch von offizieller Seite nicht gerne gesehen. Immerhin gibt es auch Sittenwächter, die kontrollieren, ob eh kein Pärchen Händchen hält. Auf jede Berührung braucht man allerdings auch nicht verzichten, es kommt eben auf die Beziehung, die man zu den Menschen vor Ort aufgebaut hat und auf die Situation an. Und als wir dann im Nachtzug im offenen Waggon sahen, dass die Frau vom Mullah es sich einfach auf seinem Schoß bequem machte um zu schlafen, fragten wir uns, warum wir eigentlich immer so peinlich darauf geachtet hatten uns nicht zu berühren.
  • Ganz wichtig für Frau und Mann: Keine offiziellen Gebäude, Brücken oder PolizistInnen fotografieren – da wird man wirklich festgenommen und kann sich mit Hilfe der Botschaft dann aus einem Spionage-Vorwurf heraus reden.
  • Als Frau nicht die Hand ausgestreckt zu bekommen, kann oft ein Zeichen des Respekts sein, nicht beleidigt sein deswegen. Eine iranische Freundin hat uns das mit folgenden Worten erklärt: In Iran women are like a princess, you can’t touch them, the are to valuable. Das heißt aber wiederum auch nicht, dass Männer, die dir die Hand geben keinen Respekt vor dir haben. Meistens ist es einfach eine Frage, wie konservativ die Familie oder der Mann ist und ob konservativere Familien rund um nicht schlecht über einen reden könnten.
  • Unbedingt auf die Menschen zugehen und lächeln , dann trauen sich vor allem auch die Schüchternen unter den IranerInnen dich anzusprechen.

  • Vertraut den IranerInnen, geht auf Einladungen ein, es wird nichts passieren, außer, dass ihr vor so viel Herzlichkeit geschockt sein werdet. Auch hier darf man den letzten Rest eines gesunden Menschenverstandes natürlich nicht ausschalten und wenn dir wer wirklich suspekt vorkommen sollte, dann natürlich nicht auf Angebote eingehen – die „Hello-Boys“ gehören hier natürlich auch dazu. Aber sonst ist gerade der Iran das Land, wo man ganz unbekümmert Menschen kennenlernen kann und dann erst zu verstehen beginnt, was Herzlichkeit eigentlich bedeutet.

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5 Kommentare
Grenzenlos link
1/30/2015 14:46:08

Absolut gut geschrieben. Da wir selbst den Iran etwas kennen, bin ich immer glücklich prima Geschichten über das wundervolle Land zu lesen. Danke!
LG Wi + Gi grenzenlos

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Kim
3/2/2015 23:11:43

Oh, wie toll!
Ich bedanke mich von ganzen Herzen für diesen wirklich gut gelungenen und vor allem aufklärenden Artikel über den Iran!
Ich hab mir das schon fast gedacht, dass die ganzen Sorgen als Frau in den Iran komplett unnötig sind. Mir wurde auch vor meiner Zentralamerikareise ordentlich Angst eingejagt, es wäre ja sooo gefährlich. Bullshit. Kopf an und mitgedacht und man ist in vielen Ländern fast schon sicherer als in Deutschland. Aber trotzdem nochmal vielen lieben Dank für den Artikel! Er hat mich sehr ermutigt mich so langsam an die Reiseplanung zu machen :)

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Britta
5/4/2015 00:55:37

Vielen Dank für die tolle Information. Ich werde Ende des Monats in den Iran reisen und mache mich schon einige Zeit - vermutlich unnötig - einen Kopf wegen der Kleidung. Dann geht ein großes weites T-Shirt mit Ärmeln bis zu den Ellbogen ja auch.
Auf jeden Fall freu ich mich schon wahnsinnig

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Nordin
10/8/2015 07:11:21

Ich hab mal ne Frage wie habt ihr das mit dem Geld gehandhabt. Hattet ihr alles in Bar dabei? Möchte im Dezember auch mit dem Rucksack 3 Wochen durch dieses schöne Landreisen =)

Ps: Schöner Blog und tolle Bilder

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inextenso link
10/8/2015 07:48:48

Hallo Nordin!

Ja, leider musst du im Iran wirklich das ganze Geld in bar mithaben, weil du sonst nicht an Geld kommst im Land. Das wird sich erst in den nächsten Jahren hoffentlich ändern, wegen der Aufhebung der Sanktionen.

Einen Teil des Geldes haben wir dann immer gewechselt, alles zu wechseln hätte ein Platzproblem verursacht und ja nicht beim Flughafen zu viel wechseln, da bekommst du einen schlechten Wechselkurs!

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